Rund 258.000 Menschen leben im Lahn-Dill-Kreis, rund 2.900 davon sind Geflüchtete, die hier untergekommen sind. Sie alle haben Anspruch auf medizinische Versorgung. Um die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte im Kreisgebiet zu entlasten, gibt es nun zwei mobile Sanitätsstationen für Flüchtlinge im Lahn-Dill-Kreis – eine für den Süd- und eine für den Nordkreis.
Die mobilen Sanitätsstationen funktionieren wie eine kleine Hausarztpraxis: Abgesehen von der Blutabnahme, können dort alle möglichen Untersuchungen durchgeführt werden. Sie besuchen die Gemeinschaftsunterkünfte im Lahn-Dill-Kreis in einem festgelegten Turnus.
Im Südkreis leitet der Regionalverband Mittelhessen der Johanniter-Unfall Hilfe e.V. (JUH), kurz Johanniter, die Sanitätsstation. Als Räumlichkeit dient ein kleiner Bus, der zu Corona-Pandemiezeiten für mobile Impfangebote genutzt wurde. „Hier haben wir alle benötigten Mittel direkt griffbereit. Da wir unsere Ausrüstung direkt im Bus lagern können, ist bei den einzelnen Stationen kein Auf- und Abbau nötig. Auch ein barrierefreier Zugang zum Untersuchungszimmer ist möglich“, erklärt Oliver Lotz von den Johannitern.
Im Nordkreis ist der DRK Kreisverband e.V. Dillenburg für die Sanitätsstation zuständig. Das Team startet täglich in Dillenburg. Hier wird das Auto mit der Ausrüstung beladen: Eingepackt werden Instrumente zur Diagnostik und verschiedene Medikamente. Damit wird dann die Sanitätsstation am jeweiligen Tag für den entsprechenden Standort aufgebaut.
„Die Menschen kommen mit ganz unterschiedlichen Anliegen zu uns“, beschreibt ein Arzt des DRK, der in den mobilen Stationen tätig ist. „Das geht von Erkältungen über orthopädische Probleme oder Magenbeschwerden bis zu akuten Notfällen“, führt er fort.
Gleich am ersten Einsatztag der Station im Südkreis wurde dort ein Patient mit einem epileptischen Anfall behandelt. „Mit unserer Ausrüstung inklusive mobilem EKG waren wir perfekt auf diesen Fall vorbereitet. Der Patient hatte Glück, dass ein erfahrener Arzt vor Ort war“, berichtet Oliver Lotz..
„Unser Job ist es auch, Infektionskrankheiten zu kontrollieren. In den Flüchtlingsunterkünften leben viele Menschen aus verschiedenen Nationen gemeinsam unter einem Dach. Eine medizinische Betreuung sicherzustellen ist wichtig, um etwaige Ausbruchsgeschehen zu verhindern“, ordnet Stefan Thielmann, Rettungsdienstleiter und Bereichsleitung Personal/Infrastruktur beim DRK Dillenburg, ein. Aber auch das Zuhören spiele eine große Rolle. Es sei wichtig, den teilweise verängstigen und traumatisierten Menschen ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln.
Insgesamt sind bei den beiden mobilen Sanitätsstationen 18 Ärztinnen beziehungsweise Ärzte und 14 medizinische Fachangestellte tätig. Viele von ihnen haben einen rettungsdienstlichen Hintergrund. Zudem gibt es Dolmetscherinnen und Dolmetscher für 24 verschiedene Sprachen, die bei Bedarf bei den Untersuchungen dabei sind. „Wir sind sehr froh über die große Bereitschaft der Teams der Johanniter und des DRK. Sie helfen damit nicht nur den geflüchteten Menschen, sondern allen Bürgerinnen und Bürgern im Lahn-Dill-Kreis. Die mobilen Sanitätsstationen entlasten unsere medizinische Versorgung“, betonte Stephanie Proske, Fachdienstleitung Sozialarbeit beim Lahn-Dill-Kreis.
Eine Herausforderung für die Mitarbeitenden in den Sanitätsstationen ist vor allem die Kooperation mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten. „Wir können hier keine Überweisungen an Fachärztinnen und -ärzte ausstellen. Das können nur Praxen mit Kassensitz. Deshalb sind wir auf die Zusammenarbeit mit diesen angewiesen“, erklärt der Arzt des DRK. Die Praxen haben aber oftmals keine Kapazitäten, um den geflüchteten Menschen Termine anbieten zu können. „Insbesondere durch die sprachliche Barriere dauern die Termine oft länger als üblich. Wir hoffen, dass wir künftig noch weitere Kooperationen mit Praxen eingehen können und sind dankbar für alle Ärztinnen und Ärzte, die bereits mit uns arbeiten“, sagt er abschließend.
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